Die ersten 6 Wochen
Der erste Tag im neuen Heim neigte sich langsam dem Ende zu. Mein neuer tollpatschiger Mitbewohner sollte jetzt zur Ruhe kommen und in seiner Box schlafen. Die Box war eine Empfehlung von Sarah: Sie sollte als Rückzugsort dienen und den Kleinen nachts vor sich selbst schützen. Eine Wohnung komplett "welpensicher" zu machen ist äußerst schwer. Mir hat Bento "gezeigt" was ich veränder muss ... Aber alle Kabel lassen sich leider nicht verlegen. Ein weiterer Vorteil der Box ist, dass ein Hund nicht in sein "Nest" macht, sondern sich bemerkbar macht, wenn er mal muss.
Der Plan war also, Bento in die Box im Wohnzimmer zu bringen und die Tür des Käfigs zuzumachen. Soweit so gut ... aber leider wollte der Welpe nicht so wie ich dass gerne wollte. Nach einer halben Stund ging es los: fiepen, jaulen und kläffen. Naja, hab ich gedacht, er wird schon Ruhe geben. Aber dem war nicht so, es ging die halbe Nacht so weiter. Also hab ich mich im Wohnzimmer auf das Sofa gelegt, um ihm zu zeigen, dass jemand bei ihm ist. Leider nutzte auch das nichts. Also Tür der Box auf und Bento rausgelassen. Dem gefiel das wohl wesentlich besser: Es suchte sich einen Platz auf den Fliesen im Wohnzimmer und schlief ein. Zumindest bekam auch ich nun ein paar Stunden Schlaf ...
Der nächste Morgen: Bento putzmunter - ich ziemlich müde ... Aber es nutzte nichts. Welpe schnappen und Gassi gehen. Das klappte zumindest schon mal sehr gut. Neugierig schnupperte er an jedem Stück des Weges, er musste ja schließlich seine neue Umgebung kennen lernen.
Wieder zu Hause angekommen, machte ich ihm sein Frühstück. Geplant war eine Mahlzeit aus Trockenfutter. Leider schien ihm dass wohl nicht so zu gefallen. Er fraß davon recht wenig. Um es vorweg zu nehmen: Das ging die nächsten Tage so weiter und Sarah empfahl mir, das Trockenfutter mit einem Esslöffel Nassfutter zu mischen. Und siehe da: Der Napf wurde ab jetzt immer geleert.
Das Problem "Box" verfolgte mich auch noch für die nächsten Wochen. Zumindest am Tag brachte ich ihn dazu, ohne murren eine Weile darin zu bleiben. Wie wichtig die Übernachtung in der Box sein kann, zeigte sich ein paar Tage später: Während ich Nachts weiterhin auf dem Sofa schlief, hatte Bento Langeweile und nahm sich Netzwerkabel vor ... und ein paar Tage später noch ein Verlängerungskabel meiner 3-fach Steckdose. Gott sei Dank war diese Kabel sicherheitshalber rausgezogen!
So konnte es nicht weitergehen, zumal ich auch mal wieder in meinem Bett schlafen wollte. Sarah gab mir den entscheidenden Tipp. Ich begann, das Boxentraining am Tag zu intensivieren, indem ich unter seiner Decke in der Box Leckerli versteckte und ihm einen Kong mit Leberwurst füllte und auch mit rein legte. So war er für längere Zeit beschäftigt und ging irgendwann freiwillig in die Box rein, wenn ich mit dem Kong in die Richtung ging. Und dann blieb er auch Nachts bei geschlossener Tür in seiner Box - ohne fiepen, jaulen oder kläffen. Was für eine Wohltat!
Ab jetzt spielte sich das Zusammenleben mit einem Vierbeiner ein. Wir unternahmen Spaziergänge in der Umgebung der Wohnung, damit er seine neue Umgebung kennenlernen konnte. Es dauerte auch nicht lange und er wusste, in welchem Eingang er nun wohnt.
Nach einer Woche stand der erste Besuch einer Hundeschule an. Auf dem Parkplatz kam es zur ersten Begegnung mit einer gleichaltrigen Labradorhündin. Das war wohl Liebe auf den ersten Blick. Seit dem sind die beiden auf dem Hundeplatz unzertrennlich und lassen beim Spielen in der Regel keinen anderen Hund mitspielen ...
Unsere Trainerin zeigte uns in den nächsten Wochen, wie man die Grundkommandos an den "Hund" bringt. Das ist in der Umgebung der Hundeschule allerdings schwer umsetzbar: Der Spieltrieb mit den anderen Hunden ist einfach zu groß. So fing ich dann auch früh an und trainierte die Kommandos bei jeder Gelegenheit zu Hause in der Wohnung und beim Gassi gehen. Es erstaunte mich, wie schnell Bento lernte. Sitz und Down (Platz) waren schnell beigebracht. Ich begann ihm beizubringen, sich nicht sofort auf den Fressnapf zu stürzen: Wenn ich den Napf abstelle, sitzt er brav und wartet auf die Freigabe.
Zwischenzeitlich lernte er die 4-jährige Australien Shepart - Hündin "Scarlet" meiner Nachbarn kennen. Wir versuchten, die Beiden im Garten frei spielen zu lassen. Auch das klappte ganz toll: Sobald sie sich jetzt sehen, setzt der Spieltrieb bei den Beiden ein. Bekommt Bento mit, dass Scarlet im Garten ist, muss ich ihn zuerst zu seinem Glück zwingen und ihn zur Wiese tragen, wo er sein Geschäft verrichten soll ...
Mit der Zeit weiteten wir unsere Ausflüge aus. Als Wasserhund sollte er ja mit dem Medium Wasser kein Problem haben. Also fuhren wir zu Siegfähre. Ein wenig skeptisch tapste er dort ins Wasser. Nur die Strömung schien ihm nicht ganz geheuer ... Aber zumindest war die erste Wasserkontakt da.
Mittlerweile zieht er mich bei den täglichen Spaziergängen immer zu einer Brunnenanlage, die nur ein paar Meter von uns entfernt liegt.
In der nächsten Zeit machte ich ihn mit vielen Dingen des normalen Tages vertraut: Straßenverkehr, Bushaltestelle mit vielen ein- und aussteigenden Menschen, Handwerkerlärm und und und ...
Wichtig war mir auch, ihn später ins Restaurants mitnehmen zu können. Das wurde ab jetzt auch geübt: Für das Training musste unsere Eisdiele herhalten. Aber auch das klappte wieder sehr gut, Bento blieb ganz ruhig unter dem Tisch liegen. Zur Belohnung gab es dafür natürlich ab und zu eine kleine Belohnung.
Der nächste Ausflug stand an: Eine vollgelaufene Tongrube, die von vielen Hundebesitzern gerne als Hundefreibad genutzt wird. Wieder etwas skeptisch tapste er ins Wasser. Aber hier war das Wasser flach und ohne Strömung. Zudem kam noch ein Labrador hinzu, der sich sofort ins Wasser stürzte. Der Bann war gebrochen und Bento wagte sich hinein, um auch ein Stöckchen herauszufischen. Nach ein paar Malen wagte er sich dann ein bisschen zu weit ins Wasser: Er verlor den Boden unter den Füßen und musste das Schwimmen anfangen! Als er merkte, dass das funktionierte, war es kein Problem mehr für ihn, auch Gegenstände aus tieferem Wasser herauszuholen.
Viel Spaß macht ihm auch der große Garten meiner Lebensgefährtin Marilou. Hier kann er sich austoben - manchmal zum Leidwesen von Marilou. Er liebt es in ihren Blumenbeten herumzutoben, die Blüten abzufressen oder mal das eine oder andere Loch auszuheben.
Im Garten meiner Tochter Nathalie machte er die Bekanntschaft anderer Hunde. Hier musste er lernen, dass nicht jeder Hund mit ihm spielen möchte. Ein kurzes Bellen in Richtung Bento mit der entsprechenden Geste und es war alles geklärt. Aber auch diese Erfahrung gehört zum Lernprozess und war besser in kontrollierter ungefährlicher Umgebung als im Freien mit unbekannten Hunden.
Interessant war auch der erste Besuch in Bonn. Neugierig schnüffelte er den ganzen Weg ab, blieb häufig sitzen und beobachtete das für ihn Unbekannte. Später ging es zum Italiener. Auch das klappe sehr gut, Bento blieb ruhig auf seinem Platz.
Eine Veranstaltung unserer Seglerkameradschaft stand an: Grillen am Vereinsheim. Auch hier musste ich mich meinen Hund nicht sorgen. Wenn er sich nicht selbst beschäftigte, wurde er von den anderen beschäftigt oder beschäftigte die anderen.
Mehrere Einkäufe im Baumarkt standen an. Decke in den Einkaufswagen und Bento mit dazu. Neugierig machte er die Fahrt im Geschäft klaglos mit.
Zugegeben, bisher hört es sich alles sehr positiv an. Ich muss aber gestehen, dass ich das eine oder andere Mal kurz davor stand, die Nerven zu verlieren. Gerade am Anfang war das Problem Stubenreinheit. Nur gut, dass in meiner Wohnung ausschließlich Fliesen zu finden sind. Das kleine Geschäft ist ja schnell weggewischt, Putzzeug steht immer bereit. Einmal lag da auch ein Haufen... Naja, ist ja nicht weiter schlimm. Mitlterweile, im Alter von 16 Wochen, passiert so etwas nur in Ausnahmefällen (wenn das andere Ende der Leine nicht aufpasst). Am Anfang musste ich noch einmal 3 Uhr in der Nacht mit ihm raus. Nun beginnt die Nacht um 23 Uhr und endet um 6:30 Uhr und manchmal auch später. Alles super.
Aaaaber: Die kleinen spitzen Milchzähne ...
· Beim Spielen tut das auch schon mal an Händen oder Beinen weh.
· Drei Stofftiere schaffte er an nur einem Nachmittag.
· Eine 2 Wochen alte Hundeleine war dann auch durch.
· Eine zweite Leine wurde 2 Stunden nach dem Kauf zu 1/3 durchgebissen.
· 2 T-Shirts sind jetzt Arbeits-Shirts.
· Mein Sofabezug ist ist an der Ecke ausgefranzt (die Garnitur soll aber Gott sei Dank bald eh ersetzt werden).
· Ein Rollwagen aus Kiefernholz weist Bissspuren auf.
· 2 Hundedecken wurden mal eben zerlegt.
· Handtücher haben plötzlich Fransen.
Auch bei den Spaziergängen zeigt der Wasserhund manchmal, dass er seinen eigenen Kopf hat. Herrchen will nach links, Hund auf die Wiese nach rechts. Hund will alle 30 cm schnüffeln, Herrchen will nach Hause weil Besuch kommt. Herrchen will nach Hause, Hund will aber zu Hundefreundin Scarlet.
Aber Platz 1 der nervigsten Dinge ist:
ALLES - wirklich ALLES - ins Maul nehmen und durchkauen, was auf dem Weg liegt!
Es ist manchmal nicht sehr angenehm, das Zeug da wieder rauszupulen ...
Aber das sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was er zurückgibt. Schon am Morgen die erste Begegnung ist so schön: eine freudige Begrüßung mit anschließender Kuschelrunde und Bauchkraulen. Oder man liegt auf dem Sofa und plötzlich ist Hund mit drauf und will kuscheln und spielen.
Es ist mein erster Hund, den ich zudem erst ein paar Wochen habe. Aber ich möchte ihn nicht mehr missen.